Heute besprechen wir das Buch Geschichten im Verborgenen von Lars Weiper, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit dem Autor des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die der Autor im Laufe seines Schreibens anspricht und die er mit seinen Leserinnen und Lesern teilen möchte.
In seinem neuen Gedichtband entwirft Lars Weiper keine Welt – er legt ihre Bruchstellen frei. Die Verse sind präzise, unnachgiebig und von intellektueller Klarheit. Jedes Gedicht ist ein konzentrierter Gedankengang, ein Resonanzraum für das, was sich der Sprache gerade noch entzieht.
Weipers Lyrik fragt nicht, sie tastet. Sie verweilt nicht im Ästhetischen, sie riskiert Bedeutung. Die Texte tragen Spuren von Verlust und Erkenntnis, von innerem Widerstand, von jener Stille, die nicht leer ist, sondern voll.
Dies ist kein Buch der Ablenkung. Es ist ein sprachlicher Ernstfall – scharf, empfindlich, offen für jene, die lesen wollen, was nicht erklärt werden kann.
Hier ist das Interview mit dem Autor: Viel Spaß beim Lesen.
- Welche Themen und Inhalte werden von Ihnen in dem Buch angesprochen?
Das Buch ist ein offener Denkraum – lyrisch, fragmentarisch, durchzogen von Philosophie. Es streift Heideggers Frage nach dem Sein, spürt Wittgensteins Grenzen der Sprache nach, stellt Kant in Beziehung zur Körperlichkeit des Schmerzes und sucht mit Fromm nach dem Bleibenden im Vergänglichen. Thematisch ist es weit gespannt: Es geht um Zorn und das Zögern der Vergebung, um das innere Kind, das nicht verstummt, um Krankheit, Sterblichkeit, Krieg und die Möglichkeit des Mitgefühls im Angesicht des Zerfalls.
Zugleich ist das Buch eine Schule des Hinsehens. Natur erscheint nicht dekorativ, sondern als Gegenüber – eine Blüte im Wind, ein Vogelriss im Himmel, eine Wolke im Verlöschen.
Die Texte beginnen in formaler Strenge, in klassischer Rhythmik, und öffnen sich allmählich – wie eine Sprache, die erst zögert, dann wagt.
Was das Buch zusammenhält, ist nicht das Thema, sondern die Haltung: genau zu schauen, nichts zu glätten, nichts zu behaupten, was sich nicht fühlen lässt. Es ist kein Programm. Es ist ein Versuch, inmitten des Lärms eine Form von Wahrhaftigkeit zu behaupten – tastend, hellhörig, gegenwärtig.
- Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Was möchten Sie ihm oder ihr vermitteln?
Dieses Buch ist kein Angebot. Es ist ein Zumutungspapier. Es richtet sich an die, die keine Antworten mehr brauchen, sondern ein Echo. An Leserinnen und Leser, die bereit sind, sich in einem Satz zu verlieren, der nichts erklärt – aber alles berührt. Menschen, die die Kargheit eines Parkbankschweigens höher schätzen als das Gerede eines Kalenderspruchs. Ich schreibe für jene, die sich selbst nicht mehr ganz glauben – und gerade deshalb zwischen den Zeilen etwas finden, das echter klingt als sie selbst. Vermitteln? Gar nichts. Ich will nicht übermitteln, sondern überführen. Ins Eigene. Ins Uneigentliche. Ins noch nicht Gesagte. Dieses Buch ist kein Kompass. Es ist eine Windböe.
- Wann und warum haben Sie sich entschieden, dieses Buch zu schreiben?
Entschieden habe ich es nicht – das Schreiben kam, lange bevor ich ihm Form gab. Ich habe ADHS. Das heißt: Das Denken zerfasert, verästelt sich, springt. Alles ist zugleich Gegenwart. Schreiben war nie Ziel, sondern Reaktion – auf das Übermaß, das Drängen, die ständige Bewegung im Kopf.
Ich schreibe, weil der Tag sonst keinen Rand hat. Um die Fragmente zu ordnen. Nicht zu kontrollieren – nur zu fassen.
Die Texte kamen nach und nach, meist am Rand des Tages. Nach Nachrichten, nach Verlusten, nach dem Wind. Sie sammelten sich, ohne Plan. Erst später sah ich: Es gibt ein Muster, einen inneren Rhythmus. Nicht narrativ, sondern seismografisch.
Ein Buch wurde es, als das Material anfing, mich zu überleben. Ich schrieb nicht, um verstanden zu werden – ich schrieb, damit es überhaupt verstehbar wird.
Das Buch ist kein literarisches Projekt. Es ist der Versuch, Welt auszuhalten. Und mich in ihr. Schreibend. Sortierend. Im Chaos verankert. Nicht trotz ADHS – sondern durch es hindurch.
- Welche Emotionen möchten Sie mit Ihrem Buch bei den Lesern hervorrufen?
Keine bestimmte. Ich möchte keine Reaktion auslösen, sondern einen Raum öffnen. Vielleicht ein kurzes Innehalten. Ein Echo. Eine Irritation. Wenn ein Satz hängenbleibt, obwohl man nicht weiß, warum – dann ist etwas gelungen. Ich glaube nicht an kalkulierte Gefühle in der Lyrik. Ich glaube an Verunsicherung als Form von Tiefe. Was jemand daraus macht, liegt nicht bei mir. Das Gedicht spricht – oder es schweigt. Alles andere ist Projektionsfläche.
- Wie haben Ihr Freundeskreis, Ihre Bekannte oder Ihre Familie auf die Buchsveröffentlichung reagiert? Stehen schon neue Projekte an?
Zurückhaltend. Nachdenklich. Manche sagten, sie hätten sich nicht getraut, alles zu lesen. Andere sagten, sie hätten sich darin gefunden, obwohl sie nicht gesucht hatten. Es gab wenig Applaus. Viel Schweigen. Ich nehme das ernst. Es ist ein stilles Buch. Neue Texte entstehen. Unaufdringlich, aber beharrlich. Es wird ein Band über das Verschwinden – von Dingen, von Stimmen, von Berührungen. Arbeitstitel: „Nachbilder“. Ich schreibe langsam. Und das ist gut so.

Wir danken dem Autor für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen Geschichten im Verborgenen von Lars Weiper, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, weil das Buch neue Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet.