Heute besprechen wir das Buch Der bitterböse Buchstabendieb von Frank Hantke, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit dem Autor des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die der Autor im Laufe seines Schreibens anspricht und die er mit seinen Leserinnen und Lesern teilen möchte.
Der bitterböse Buchstabendieb von Frank Hantke, erschienen beim Verlag Europa Buch, erzählt eine Geschichte voller Fantasie und Vorstellungskraft: Der Graue, ein böser, ehrgeiziger aber sich selbst überschätzender, nicht gerade fähiger Magier, wird aus seiner Stadt verjagt, weil er sie mit einem schlecht ausgeführten Zauber ruiniert hat. Er trifft auf ein wunderschönes Land, in der nur Tiere und Pflanzen friedvoll miteinander leben. Obwohl die Bewohner Angst vor dem Fremden haben, versuchen sie ihm freundlich zu begegnen, und ihn als Gast gut zu behandeln. Nur die Bären lassen den Grauen von Anfang an spüren, dass sie sich nicht vor ihm fürchten. Alle merken bald, dass der Eindringling im Gegensatz zu ihnen, ihre Welt nicht schätzen kann und sie ihn vielmehr verärgert. Der Magier will sich die bunte Welt zu Eigen machen und sie beherrschen. Die Tiere und Pflanzen sollen seine Untertanen werden und mit einem, wenn auch stümperhaft ausgeführten Zauber gelingt es ihm die Bewohner dieses schönen Landes zu verwirren, sie ihrer Identität zu berauben und sich ihm zu unterwerfen. Nur die Familie der Bären, die dem Magier von Anfang stark entgegengetreten ist und sich nach dem gemeinen Zauber in alle Winkel der Erde verstreut hat, besinnt sich der schönen alten Zeit, in der sie als Familie vereint war, und will ihre alte Welt zurück. Gemeinsam versuchen sie sich an den Ursprung allen Übels zu erinnern und dem Zauber, der alles verändert hat auf die Schliche zu kommen.
Hier ist das Interview mit dem Autor: Viel Spaß beim Lesen.
Welche Themen und Inhalte werden von Ihnen in dem Buch angesprochen?
Nun, es ist in erster Linie eine Kinder- und Jugendgeschichte, die beim Lesen oder Vorlesen auch ein wenig Spaß machen sollte. Aber natürlich sind auch verschiedene Themen angesprochen, die mir – und hoffentlich auch den Leserinnen und Lesern – am Herzen liegen. Da gibt es zunächst einen großen Verführer, der erst einmal eine Notlage schafft und sie dann allein für seine Zwecke ausnutzt. Damit möchte ich den heute immer stärker werdenden Populismus ansprechen, auf den so viele hereinfallen. Und – schlimmer noch – der unsere Gesellschaft weiter spaltet und gegeneinander aufbringt. In der Geschichte wird die Fassade des großen „Führers“ von Beginn an hinterfragt und man kann dahinter sehen, welche Defizite und Motive eigentlich die Hauptrolle spielen. Und dann gibt es die „heile Welt“, in der sich alle verstehen, die aber durch derartige Popolisten in Gefahr gerät, ohne, oder fast ohne Argwohn. Es ist die Bärenfamilie, die sich zum Zusammenhalten besinnt und dadurch auch letztendlich wieder die Oberhand gewinnt.
Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Was möchten Sie ihm oder ihr vermitteln?
Wie gesagt, es soll ein Buch für Kinder und Jugendliche sein. Daher ist es auch nicht allzu lang, denn nur noch wenige wollen sehr lange Bücher lesen. Und die wesentlichen Aspekte des Buches gibt es natürlich auch in ihrer Welt. Die Anführer, die stärker oder (hinter-)listiger sind als andere, die man bisweilen einfach bewundert und hinter denen man herläuft. Es gibt dagegen die Frage danach, wer man eigentlich ist, was man sein möchte – also das Thema der eigenen Identitätsbildung, das ja schon sehr früh eine Rolle spielt. Und hier zeigen die Bären, wie sehr sie am eigenen Ich, ihrer Identität als Bärenfamilie, hängen und all das wieder zurückhaben wollen. Und sie wissen schon, als sie sich alle auf der Bäreninsel treffen, dass sie es nur gemeinsam schaffen können. Zusammenhalten und zusammenarbeiten ist für sie die Lösung, die sie nur in sehr langen Gesprächen miteinander finden. Dabei zeigt sich, dass jede und jeder etwas Eigenes beitragen kann und nur das Gesamte zum Erfolg führt. Der kluge „Rillenbär“ macht sich denn auch nicht zum Führer, sondern zu einem selbstlosen Moderator, der auch das Zuhören fördert und nur so den gemeinsamen Prozess voranbringen kann.
Was war Ihr Ziel beim Schreiben dieses Buches?
Mir gingen die aktuellen politischen Ereignisse durch den Kopf und die zum Teil wirklich dummen und gefährlichen Aktionen und die entsprechenden Reaktionen. Natürlich besonders die Ereignisse in Europa und speziell auf dem Balkan, wo ich lange gelebt und gearbeitet habe. Als ich mit der Geschichte begonnen hatte, gab es den wahnsinnigen Krieg in der Ukraine noch gar nicht. Gewiss aber reichten all meine Erfahrungen auf dem Balkan bei weitem aus, um daraus diese kleine und kompakte Geschichte zu schreiben. Da gibt es die scheinbaren Helfer aus aller Welt, die den Menschen auf dem Balkan erklären, wie es zu laufen hat. Welche Identität aber die verschiedenen Gruppen auf dem Balkan haben und auch behalten wollen, interessiert sie dabei kaum. Dort gibt es auf der anderen Seite zu viele lokale und regionale Politiker, die nicht zuhören wollen oder gar kompromissfähig sind. Denn sie haben zu oft nur eigenem Ziele. Und da gibt es leider die vielen Menschen, die den Hasstiraden ihrer jeweiligen Führer bedenkenlos zustimmen und ihnen folgen. So bleibt alles beim Alten, man bleibt verfeindet und verliert sich und die wirklichen Eigeninteressen dabei zu sehr aus dem Blick. Mit der dagegen recht kurzen Geschichte wollte ich diese Dinge einfacher darstellen und junge Menschen ermutigen, ihre Identität zu wahren, Verführern zu misstrauen und Gemeinsamkeit vor Eigennutz zu stellen.
Wie würden Sie Ihren Schreibstil beschreiben und auf welche literarischen Modelle beziehen Sie sich?
Hier muss ich leider passen! Als ich mit der Geschichte begonnen habe, versuchte ich mich an Kinderbüchern zu orientieren, die ich seinerzeit gelesen hatte. Es war für mich nicht immer einfach, von meinem eher politisch geprägten Schreibstil wegzukommen, mit dem ich Analysen, Zeitungsartikel, Studien oder Berichte schreibe. Ob mir das bei diesem Büchlein auch immer gelungen ist, mögen die kleine Leserin oder auch der vorlesende Opa, beurteilen. Letztendlich möchte oder kann ich mich also gar nicht konkret auf literarische Modelle beziehen, denn ich habe eigentlich „der Feder ihren Lauf gelassen“.
Wie war Ihre Verlagserfahrung mit Europa Buch? Schreiben Sie derzeit an einem neuen Buch?
Erst einmal hat es mich natürlich sehr gefreut, dass ein Verlag ein Interesse an dieser Geschichte hatte. Ich hatte es zu Beginn gar nicht unbedingt darauf abgesehen, ein Buch daraus zu machen, sondern lediglich eine kleine Geschichte schreiben wollen, die ich vielleicht einmal vorlesen würde. Im Verlaufe der gemeinsamen Arbeit mit dem Verlag wurde mir eine große Geduld entgegengebracht, was bei den vielen kleinen Änderungen gewiss nicht immer einfach war. Allerdings hätte ich mir ein aktiveres Lektorat gewünscht, weil ich eben kein „gelernter Kinder- oder Jugendbuchautor“ bin. Deshalb wäre die Geschichte vielleicht noch ein wenig lesenswerter geworden. Aber auch dies entscheiden die jungen und älteren Leserinnen und Leser, die Mütter, Väter oder Großeltern, die das Büchlein kaufen sollen.
Ein neues Buch? Nun, ich fühle mich ja nicht als Autor im eigentlichen Sinne und muss auch meine Brötchen nicht mit dem Schreiben verdienen. Daher kann ich es mir leisten, die Dinge langsam heranreifen zu lassen, um dann vielleicht wieder etwas Neues zu schreiben – sicher aber wieder als Kinder- oder Jugendbuch. Denn das ermöglicht mir Abstand und gleichzeitig eher kompaktere Texte. Zurzeit schwirren mir die Themen Vereinzelung, Dialogunfähigkeit oder Mangel an Zuhören im Rahmen unseres Alltags im Kopfe herum …
Wir danken dem Autor für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen. Der bitterböse Buchstabendieb von Frank Hantke, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, weil das neue Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet.