Heute besprechen wir das Buch Die Dohle Oskar von Oliver Herrmann, erschienen beim Verlag Europa Buch. Wir präsentieren hier ein Interview mit dem Autor des Buches, um die persönlichen Aspekte und die wichtigsten Erfahrungen zu verdeutlichen, die in diesem Text verdichtet sind. Wir besprechen auch die wichtigsten Themen, die der Autor im Laufe seines Schreibens anspricht und die er mit seinen Leserinnen und Lesern teilen möchte.
In seinem berührenden Debütroman Die Dohle Oskar lässt Dr. Oliver Herrmann die Leserinnen und Leser an einem Sommer voller Kindheitszauber und tierischer Freundschaft teilhaben. Zwischen Bergen, Abenteuerlust und der treuen Hündin Anka erlebt der junge Oliver unvergessliche Ferien – bis das Schicksal neue Wege weist. Ein liebevoll erzähltes Buch über Familie, Träume und die kleinen Wunder des Alltags – zum Vorlesen, Selberlesen oder Zuhören. Für Kinder, Eltern und alle, die sich gern erinnern.
Hier ist das Interview mit dem Autor: Viel Spaß beim Lesen.
- Welche Themen und Inhalte werden von Ihnen in dem Buch angesprochen?
Es sind die Themen einer mehr oder weniger unbeschwerten Kindheit in den 1970er Jahren, als es noch keine Mobiltelefone gab, keine hundert Sender im Fernsehen, keinen Computer und keine Anonymität in sterilen Wohnblocks. Ein ganz zentrales Thema ist die Freundschaft, die zwischen Menschen und Tier, die zwischen Kindern und auch die zwischen Erwachsenen. Es sind kurze Kapitel, die sich gut zum Vorlesen eignen. Die Inhalte zaubern einem immer wieder ein Lächeln auf die Lippen, wie ich bei meinen Zuhörer/innen erleben durfte. Auch malen die Geschichten Bilder im Kopf. Man kann sich vorstellen, wie die Dohle Oskar ausgesehen hat und wie sie verschiedene Worte gekräht hat, wie es auf dem Bauernhof im Montafon gerochen hat, und wie zum Beispiel mein Spielzeug-Segelboot aussah, dass zu Beginn der Abenteuer mit Oskar eine große Rolle spielt. Der kleine Oliver kämpft für seine Träume und für seine tierischen Freunde. Er erlebt spannende Abenteuer mit seiner Dohle, die oft so menschlich wirkt, und auch mit Schicksalsschlägen lernt er umzugehen und zu leben.
- Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Was möchten Sie ihm oder ihr vermitteln?
Das Buch ist für alle Altersstufen gut geeignet. Da es Menschen ansprechen wird, die in den 1950er und 60er Jahren geboren wurden, und die sich gut an diese Zeit zurück erinnern werden. Es ist für junge Eltern aber auch Großeltern geeignet, die ihren Kindern und Enkelkindern die lustigen kurzen Geschichten, zum Beispiel vor dem Einschlafen, vorlesen können. Vermitteln möchte ich eine Rückbesinnung auf eine Zeit, als vieles noch so viel einfacher zu sein schien. Eine Zeit, in der wir Menschen noch nicht ständig auf unsere Handys geschaut haben. Immer wieder beobachte ich im Alltag selbst Mütter und Väter, die ihre Kinderwägen schieben und keinerlei Blickkontakt zu ihren Babys aufrechterhalten. Alles ist so eng getaktet, man ist immer und überall erreichbar und nimmt sich, aus meiner Sicht, viel zu wenig Zeit für die „kleinen“ Dinge des Lebens, die oft voller Wunder stecken.
- Wann und warum haben Sie sich entschieden, dieses Buch zu schreiben?
Das Buch ist in der Corona-Zeit zwischen 2021-2022 entstanden, als die Zeit stehengeblieben schien. Plötzlich waren meine sozialen Kontakte wie abgeschnitten, ich hatte viele Abende Zeit, da ich extrem selten fernsehe, und schon immer davon geträumt hatte ein Buch zu schreiben, dass meine nicht gerade rosige Kindheit umschreiben sollte. Es war wie eine Therapie für mich. Meine Eltern waren beide sehr narzisstisch geprägt und im Grunde selbst verlorene Kinder, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit aufgewachsen waren. Beide hatten sehr strenge Eltern, die keinerlei Vorbildfunktion für sie ausgeübt hatten. Trotzdem erwähne ich meinen Eltern in der Danksagung zu diesem Buch, da ich ihnen eine Ausbildung verdanke, die mich zu meinem Beruf als Arzt geführt hat, den ich mit viel Liebe und Leidenschaft ausübe.
- Welche Emotionen möchten Sie mit Ihrem Buch bei den Lesern hervorrufen?
Ich denke, es werden sehr viele, und auch unterschiedliche Emotionen sein. Nachdenklichkeit, Schmunzeln, Traurigkeit, Lächeln, vielleicht das ein- oder andere Mal auch ein herzliches Lachen. Ich möchte die Leser in eine Zeit entführen, die unbeschwerte Kinderträume wachruft. Erinnerungen an eine Leichtigkeit der Tage, die nur so dahinflogen. Aber ich möchte gerne auch die Augen öffnen, für die unscheinbaren Dinge des Alltags. Ich bin immer wieder fasziniert, wie offen Kinderaugen in die Welt hinausschauen, wie arglos und frei Kinder spielen, wenn sie noch spielen dürfen. Wie sie ihre Umwelt erkunden, mit offenem Mund und Augen zum Beispiel einen Frosch beobachten, der auf einem Seerosenblatt sitzt, und dann plötzlich ins Wasser hüpft. Wir könnten so vieles von den Kindern lernen.
- Wie haben Ihr Freundeskreis, Ihre Bekannte oder Ihre Familie auf die Buchveröffentlichung reagiert? Stehen schon neue Projekte an?
Viele meiner Freunde und Verwandten waren völlig überrascht, dass ich beschlossen hatte, ein Buch zu schreiben und dies dann auch verwirklicht habe. Nur wenigen habe ich bislang daraus vorgelesen oder sie an meinem Schreibprozess teilhaben lassen. Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen, wenn sie das Buch in den Händen halten und hoffentlich bis zu Ende gelesen habe. Und ich freue mich sehr auf ehrliche, gerne auch schonungslose Kritik. Das erste Buch ist sozusagen die Vorbereitung auf mein größtes Herzensanliegen. Im zweiten Buch wird es um den Sohn von Oskar gehen. Anton wird von mir großgezogen, nachdem er von seiner Dohlenmutter verstoßen wurde. Mit Anton erlebe ich wieder spannende Abenteuer. Ganz zentral wird aber in diesem Roman meine eigene, leidvolle Erfahrung als sogenanntes „Verschickungskind“ in den 1970er Jahren sein, als ich als kleiner Junge, im Alter von fünf Jahren 300 km weit weg ins Allgäu verschickt, und in diesen sechs ewig langen Wochen schwerst traumatisiert und misshandelt wurde. Es leben derzeit noch etwa 8 Millionen Menschen in Deutschland, die ebenfalls verschickt wurden und es ist mir ein tiefes Bedürfnis, diese Zeit möglichst schonend für die Opfer und schonungslos für die Täter aufzuarbeiten und in Romanform wiederzugeben.

Wir danken dem Autor für die Beantwortung unserer Fragen und die Hilfe, den Text und die damit verbundenen Erfahrungen auf den Kern zu bringen. Die Dohle Oskar von Oliver Herrmann, erschienen beim Verlag Europa Buch, verdient es, aufmerksam gelesen zu werden, weil das Buch neue Perspektiven und Wahrnehmungsmöglichkeiten eröffnet.
